Schwer zu finden: Übersetzer und Dolmetscher für seltene Sprachen

Haben Sie schon einmal etwas von Farsi gehört? Oder von Tamil? Nein? Kein Wunder, denn diese Sprachen sind in Deutschland weitgehend unbekannt. Durch die Flüchtlingswelle in Deutschland stieg der Bedarf an Übersetzungen in diese Sprachen aber deutlich an. Zum Beispiel benötigen Behörden amtliche Dokumente wie Geburts- oder Heiratsurkunden, Führerscheine oder Ausweise in deutscher Sprache. Auch Hausordnungen oder Sicherheitshinweise in Flüchtlingsunterkünften werden oft in Sprachen wie von Urdu, Paschtu, Farsi, Dari oder Tigrinja übersetzt, damit alle Bewohner die Regeln befolgen. Solche Übersetzungsanfragen sind anders als in die gewöhnlichen Verkehrssprachen, da die Community an Übersetzern viel kleiner ist. Wenn zum Beispiel gezielt Übersetzer für Dari ins Deutsche gesucht werden, hilft oft der Umweg über die englische Sprache, denn da gibt es deutlich mehr Übersetzer.

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Für welche Sprachen gibt es nur wenige Übersetzer und Dolmetscher?

Aktuell werden auf der Welt etwas weniger als 7.000 Sprachen gesprochen. Zwölf davon gelten als sogenannte Weltsprachen mit mehreren Millionen an Sprechern, sowohl als Muttersprache als auch als Fremdsprache. Dazu gehören wenig überraschend Englisch und Chinesisch, aber auch Hindi und Spanisch. Sprachmediatoren gibt es für diese Sprachen vergleichsweise viele. Anders sieht es bei seltenen Sprachen aus, die nur wenige Sprecher haben und keine offizielle Amtssprache in einem Land sind und auch nicht im Bildungssystem verwendet werden. Das trifft häufig auf Regionalsprachen zu. Ihre Verbreitung über ein relativ kleines Gebiet mit einer überschaubaren Anzahl an Sprechern und der damit verbundenen geringen Anzahl an Kunden macht sie für Übersetzer und Dolmetscher häufig unattraktiv. Genauso sind Übersetzer und Dolmetscher für Sprachen, die man in Europa nicht spricht (und nicht gerade zu den Weltsprachen gehören), relativ schwer zu finden.

Dolmetscher und Übersetzer für Regionalsprachen

Ein Beispiel für eine seltene Sprache in Deutschland ist das in Sachsen und Brandenburg gesprochene und inzwischen als regionale Minderheitensprache anerkannte Sorbisch. Dieser Status ermöglicht es, unter anderem zweisprachige Ortsschilder aufzustellen und Sorbisch in den Schulen als Wahl- oder teilweise gar als Pflichtfach anzubieten. Dennoch sind Dolmetscher und Übersetzer schwer und meist nur über eine Agentur zu finden. Da allerdings kommunale Angelegenheiten wie Gemeindeverordnungen und Medien im Print- und Rundfunkbereich zumindest zusätzlich, manchmal auch ausschließlich, in der Regionalsprache angeboten werden, sind Übersetzer dennoch unerlässlich. Nicht zuletzt tragen sie auf diese Weise auch zum Fortleben dieser Sprache bei.

Übersetzer und Dolmetscher für nicht-europäische Sprachen

Farsi – oder Persisch – ist z. B. Amtssprache in Iran, Afghanistan und Tadschikistan und mit etwa 70 Millionen Muttersprachlern gar nicht mal so unbedeutend. Dennoch findet man in Deutschland relativ schwierig Dolmetscher und Übersetzer für Farsi. Häufig sind die Dienste der Sprachmediatoren nur für Firmen mit Beziehungen in diese Staaten interessant oder für die Verwaltung in rechtlichen Angelegenheiten, z. B. als Gerichtsdolmetscher. Ein weiterer Grund für die geringe Anzahl von Übersetzern und Dolmetschern ist allerdings auch, dass Farsi in Deutschland vergleichsweise unbekannt ist. So können Dolmetscher und Übersetzer auch dafür sorgen, Sprachen bekannter und die persische Kultur und Sprache für Europäer zugänglicher zu machen.

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Ein Beruf mit Zukunft?

Wenn es nur eine Handvoll Übersetzer für seltene Sprachen gibt, dann kann man sich doch einfach künstlicher Intelligenz bedienen und die Texte maschinell übersetzen lassen. Aber leider gibt es bei seltenen Sprachen dafür häufig kein Angebot und wenn doch, funktionieren diese meist mehr schlecht als recht. Das liegt daran, dass die Software hier noch nicht auf große digitale Korpora zugreifen kann. Umso wichtiger ist die Rolle der menschlichen Übersetzer und Dolmetscher. Da die Weltsprachen in ihrer Bedeutung noch immer zunehmen und die maschinellen Möglichkeiten der Übersetzung dort immer besser werden, zeichnet sich ein positives Bild für die wenigen Sprachmediatoren seltener Sprachen: Denn ihre Dienste werden auch in Zukunft noch dringend gebraucht werden und eine wichtige Rolle für die Verständigung auf der Welt spielen.