„Gib mir ein Zeichen!“ – Kommunikation in Gebärdensprache

Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist „die Fliege“: Wenn man sich in einer Sprache nicht mit Lauten verständigen kann, muss man Namen mit Gesten und Symbolen wie zum Beispiel typischen modischen Accessoires vermitteln. Schätzungsweise 80.000 Gehörlose und 140.000 Schwerhörige in Deutschland sind auf eine lautlose Kommunikation angewiesen. Aber wie funktioniert Kommunikation ohne Laute, was macht Gebärdensprache überhaupt aus? Und wie werden Gebärden gedolmetscht?

Gebärdensprachen – lautlose Verständigung

Die Gebärdensprachen werden nicht – wie häufig angenommen – von Lautsprachen abgeleitet, sondern sie sind vollwertige, eigenständige Sprachen, die selbstständig nach eigenen Regeln funktionieren. Auch gesetzlich ist Verständigung durch Gebärden der durch Laute gleichgestellt. Eine Gebärdensprache kann und muss also genauso erlernt werden wie eine Lautsprache. Zur Kommunikation eingesetzt werden zu Handformen kombinierte Körperhaltung, Gestik, Lippenbewegungen und Mimik anstelle Lauten. Eigennamen oder Fremdwörter können zusätzlich mit dem Fingeralphabet buchstabiert werden. Weltweit gibt es ungefähr 137 Gebärdensprachen, die sich häufig noch in weitere Dialekte unterscheiden lassen. Die am weitesten verbreitete Gebärdensprache ist die American Sign Language (ASL). Deutschsprache Gebärdensprachen sind die Deutsche Gebärdensprache (DGS), die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) und die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS).

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GebärdendolmetscherInnen vermitteln zwischen Welten

Gebärdendolmetschen wird an einer überschaubaren Reihe von deutschen Universitäten und Hochschulen (z. B. an der Westsächsischen Hochschule Zwickau) als Studiengang angeboten. Wie DolmetscherInnen für Lautsprachen mitteln GebärdendolmetscherInnen in beide Richtungen. Lautsprache gedolmetscht zu Gebärdensprache trifft man häufig zu offiziellen Anlässen oder Live-Übertragungen wie Bundestagsdebatten oder Ansprachen von Ressortleitenden und Vorsitzenden an. Aber auch auf vielen Festivals stehen mittlerweile neben den Acts GebärdendolmetscherInnen auf der Bühne, um die Songtexte zu übersetzen. Die andere Richtung von Gebärdensprache zu Lautsprache wird bei uns wesentlich seltener angefragt. Bei z. B. Gehörlosenkonferenzen ist die Gebärdensprache dominierend und der oder die DolmetscherIn ist für die Minderheit zuständig, die der Gebärdensprache nicht (ausreichend) mächtig ist. In diese Richtung wird Gebärdendolmetschen auch als voicen bezeichnet.

Auf internationalen Gehörlosenkonferenzen müssen DolmetscherInnen häufig auch zwischen verschiedenen Gebärdensprachen vermitteln. Diese Form des Sprachmittelns wird meist von ebenfalls tauben Gebärdendolmetschenden übernommen. Auch wir als Sprachdienstleister verfügen über einen großen Pool an Gebärdendolmetschenden für verschiedenste Anlässe. Fragen Sie uns gern, wenn Sie noch mehr über unsere GebärdendolmetscherInnen erfahren möchten.

Rechtliches zu Gebärdendolmetschenden

Gehörlose und schwerhörige Personen haben seit 2002 in vielen öffentlichen Einrichtungen Anspruch auf GebärdendolmetscherInnen. Gesetzlich festgehalten ist das in den Gesetzestexten mit den knackigen Namen Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und Kommunikationshilfenverordnung (KHV). Darin ist unter anderem geregelt, dass in bestimmten Fällen die entstehenden Kosten für GebärdendolmetscherInnen von staatlichen Stellen übernommen werden. Dazu gehören Angelegenheiten in Ämtern und Behörden, Gerichtstermine, Arzt- und Krankenhaustermine. Aber auch in der Schule, beim Studium und am Arbeitsplatz haben Gehörlose und Schwerhörige rechtlichen Anspruch auf Unterstützung durch GebärdendolmetscherInnen. Für Veranstaltungen in Religion, Politik und Kultur gibt es keinen festen Anspruch auf staatliche Kostenübernahme.

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Ein „Fun Fact“ zum Abschluss: In den Gebärdensprachen existieren die in Lautsprachen üblichen Redewendungen nicht. Stattdessen verwenden Gehörlose eigene idiomatische Gesten, die sich wiederum nur schwer in die Lautsprache „übersetzen“ lassen.